Mittwoch, 6. Juli 2005

Live 8: Infantile Verantwortungslosigkeit oder das schöne Gefühl, zu den "Guten" zu gehören

Herzlichen Glückwunsch an die zahlreichen Pop-Größen, die der Ersten Welt ein sicherlich tolles, kostenloses Konzert geboten haben. Glückwunsch, dass viele von ihnen dadurch einen in diesen Zeiten in ihrer Branche schwer zu erreichenden wirtschaftlichen Erfolg verbuchen können. So dürfen Pink Floyd sich beim Verkauf ihrer Platten über einen Zuwachs von 1343 % freuen, Madonna immerhin über stolze 200 %.

Und wem war sonst noch geholfen? Ach ja, Millionen von Menschen in der Ersten Welt können sich beruhigt im Sofa zurücklehnen und sich auf der Seite der Gerechtigkeit fühlen, während sie per Fernbedienung einige mächtige Männer damit beauftragen, gefälligst die Welt in Ordnung zu bringen. Schuldenerlass heißt die Devise! Es liegt auch allzu nahe: der neue Plasma-Fernseher, der noch nicht ganz abbezahlt ist, erinnert an die Last, die Schulden für den Schuldner bedeuten. Die wäre man nur zu gerne los. Es geht einem folglich ohne Schulden besser, also weg mit den Schulden! Hurra, endlich ist Politik mal einfach!

Irgendwem sollte noch geholfen werden bei dieser Aktion. Richtig, den armen Menschen in der dritten Welt. Und siehe da, es funktioniert! Das halbverhungerte Kind in den Fernsehaufnahmen von 1985 ist heute eine bildschöne Studentin. Geldof und Co. zeigen der Welt den Beweis, dass auch das eigentliche Ziel der Veranstaltung ein Erfolg sein wird. Doch was höre ich nebenbei? Der Kameramann hatte das Kind in seine Obhut genommen und so nahm ihr schon fast am Ende stehendes Leben eine glückliche Wende. Sofern dieser Kameramann für das damalige Live Aid losgeschickt wurde, um Aufnahmen zu machen, ist die Rettung dieses Lebens sicherlich ein Erfolg dieses Events. Aber so wertvoll jedes einzelne Leben auch ist, ein bißchen mehr sollte Live 8 doch erreichen. Aber an der Stelle wird die Sache leider wieder kompliziert.

Man darf erheblich zweifeln, ob Schuldenerlass den Armen in Afrika wirklich langfristig hilft. Zwei Links möchte ich zum Thema empfehlen:

HR 2 - Der Tag: Entwicklungshilfe in der Mitleidsfalle

Beitrag in der Netzeitung von Franklin Cudjoe, einem ghanaischen Ökonomen: Ohne Rockstar-Ökonomie lebten Afrikaner besser

Freitag, 1. Juli 2005

Der Kanzler wirbt um Mißtrauen

Gerhard Schröder hat zu Recht sein Handeln damit begründet, dass er seinen eigenen Laden nicht mehr recht zusammenhalten kann. Aber was zur Hölle ist dann in Müntefering gefahren, als er, der Fraktionsvorsitzende, eben im Bundestag sagte, der Kanzler habe weiterhin das Vertrauen der Fraktion? Will er die Entscheidung des Bundespräsidenten, die ohnehin nicht leicht zu treffen ist, nun noch mehr erschweren?

Guido Westerwelle bezeichnete eben es als die "Heuchelei des Tages", dass die Dauernörgler innerhalb der rot-grünen Reihen wie Christian Ströbele ausgerechnet jetzt Schröder weiterhin das Vertrauen aussprechen wollen. Bei Ströbele ist das in der Tat kurios, andere wiederum wollen einfach nur ihre Bezüge retten. Das ist nachvollziehbar, aber eben auch nicht richtig.

Mittwoch, 22. Juni 2005

Von "deutschen Zahlen" und guten Bräuchen

Eben auf der Eigentümerversammlung meiner Wohnanlage:

Neben mir sitzen zwei ganz reizende Herrschaften, die - wie ich aus ihren Gesprächsinhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit entnehmen konnte - Mitglieder der Grünen sind und sich über Parteiratssitzungen und Besuch "vom Joschka" unterhalten. Im Verlauf der Sitzung geht es um die Ablesung von Wasseruhren und die Erhöhung der Ablesegebühr. Die Hausverwaltung hat seit Jahren ein und dieselbe Person mit der Ablesung beauftragt. Ein kluger Mann steht inmitten der trägen Anwesenden auf und schlägt vor, eine Ausschreibung unter den Einwohnern des Hauses (dürften so um die 1000 sein) zu machen, um ein womöglich günstigeres Angebot für die Ableseleistung zu erhalten. Reaktion aus der grünen Ecke: "Neee, des is doch Blödsinn, dann bekommen wir nur osteuropäischen Dumpingpreis und die Person kann am Ende net mal deutsche Zahlen lesen!"

Dieses treffliche Gegenargument scheint die Mehrheit zu überzeugen, sofern die überhaupt hingehört haben in ihrem Halbschlaf. Eine große Mehrheit stimmt gegen den Vorschlag und nickt danach die Gebührenerhöhung ab. So hat man es ja immer gemacht und jedes Jahr sitzen wir wieder alle hier, Verstorbene und Verzogene abgesehen. Ist doch alles in Ordnung, oder?

Ach nein, nicht ganz: leider kann ich auch keine deutschen Zahlen lesen. Komisch.

Mittwoch, 15. Juni 2005

Gute Besserung, Nancy Fraser!

Tja, eigentlich wollte ich heute spät in der Nacht einige kritische Gedanken zu den Thesen von Nancy Fraser loswerden, stattdessen spare ich mir das zum gegenwärtigen Zeitpunkt und wünsche der armen Frau gute Besserung! Sie ist nämlich vor etwa einer Stunde bei einer Veranstaltung an der Frankfurter Uni auf dem Weg zum Rednerpult schwer gestürzt und hat sich offenbar ziemlich weh getan.

Get well soon!

Tipp für romantische Sparbrötchen

Beim Herumschalten fällt mein Blick auf die Einblendung der VIVA Loveline. Dort können Teenies und solche, die es gerne immer noch wären nach Herzenslust ihr Taschengeld weiter ein Stück schmälern, indem sie für 49 Cent eine SMS mit ihrem eigenen und dem Namen des/der Liebsten an VIVA schicken und sich dann daran erfreuen dürfen, dass zu den beiden Namen eine "Analyse" auf den Bildschirm geliefert wird, ob Torben und Sophie, Jana und Jens oder auch Heinz und Gertrud zusammenpassen. Messerscharf bemerkt die Loveline beispielsweise bei der Paarung Maximilian und Nicole: "Nicole bringt Dich auf Ideen, an denen ihr viel Spaß habt." Ein hoher Prozentwert verdeutlicht auch bei schnellem Hingucken schon, dass es sich hier um ein Traumpaar handeln muss.

Kinder, glaubt Ihr etwa, dies sei Beziehungsberatung zum Diskontpreis? Spart Euch die 49 Cent und die Folgekosten, wenn das Orakel beim Partnerwechsel erneut befragt werden muss und nutzt stattdessen den Love Calculator. Der kostet keinen Cent und die gebotene Analyse Eurer Beziehungschancen ist genau so hochwissenschaftlich wie jene der Loveline. ;-)
Zudem gibt es noch ein hübsches Herzchen dazu, das zwischen den beiden Namen prangt. Das ist doch was, oder?

Freitag, 3. Juni 2005

Roter Erfindungsreichtum bei der Auslegung von Armut

Anlässlich der Bundestagsdebatte zum zweiten sogenannten „Armuts- und Reichtumsbericht“ lassen sich Erika Lotz (SPD-Bundestagsfraktion) und Rolf Stoeckel (AG „Verteilungsgerechtigkeit“) in einer Pressemitteilung über diesen Bericht aus, den Rot-Grün kurz nach Regierungsantritt eingeführt hatte. Man beweihräuchert sich darin, die Berichterstattung seit 1999 habe die Armut „enttabuisiert“. Zum Glück hat man das Denken im Gegenzug noch nicht ganz tabuisiert, daher beachte man das Konzept relativer Armut, das diesem Bericht maßgeblich zugrunde liegt. Diese Armutsdefinition ignoriert Wohlstandszuwächse, weil sie an Faktoren wie dem Durchschnittseinkommen orientiert ist und damit nur den Grad der (Un-)Gleichheit misst. Würde sich das Einkommen jedes Bundesbürgers verdoppeln, gäbe es demnach weiterhin gleich viel Armut. Die perverse Logik ist, dass die Deutschen nur alle wenig genug verdienen müssten, um die Armut nach den Kriterien des Armutsberichts abzuschaffen. Würde sich Bill Gates in Deutschland niederlassen, hätten wir durch den dadurch veränderten Durchschnitt der Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf einen Schlag mehr „Arme“. Aber keine Angst, die Rettung naht in Gestalt der tapferen Sozialdemokraten, die sogleich eine Millionärssteuer einführen wollen, damit diese schreiende Ungerechtigkeit umgehend beseitigt wird. Diese Strategie ist auch wirklich schlau: verlässt der letzte Millionär Deutschland, wird die Armut statistisch verschwunden sein. Es lebe die Gleichheit – bis die Lichter ausgehen!

Donnerstag, 2. Juni 2005

Neustart

Ok, ich könnte versuchen, mich damit zu entschuldigen, dass zuletzt derart bedeutende Dinge in so einer Fülle passiert sind, dass ich mit dem Bloggen nicht hinterher kam und mich total verzettelte. Das glaubt mir leider niemand, denke ich mal. Nun gut, ich darf zu meiner Verteidigung zumindest anmerken, dass ich umgezogen bin und zeitweise keinen Netzzugang hatte. Und der Rest war Faulheit.

Aber nun gibts kein Pardon mehr, wer jetzt nicht (politisch) bloggt, bloggt nimmermehr!

Mittwoch, 23. März 2005

Visa-Affäre: War Schröder doch eingeweiht?

Das Kanzleramt war nach Informationen des stern bereits zehn Tage nach Inkrafttreten des Visa-Erlasses am 3. März 2000 von der Tragweite des Vorgangs informiert. Eine angemessene Reaktion ist jedoch ausgeblieben.

Das Kanzleramt war bereits zehn Tage nach Inkrafttreten des Visa-Erlasses am 3. März 2000 von der außenpolitischen Tragweite des Vorgangs und dem daraus entstandenen Zwist zwischen Außenminister Joschka Fischer und Innenminister Otto Schily informiert, ohne angemessen zu reagieren. Dies belegen als vertraulich klassifizierte Dokumente, die das Hamburger Magazin stern in seiner bereits am Mittwoch erscheinenden Ausgabe veröffentlicht.


http://www.stern.de/politik/deutschland/538039.html?nv=hp_rt

--

Bei aller Kritik an Schröder hätte ich doch erwartet, dass er in so einem Fall handelt. Aber da lag ich wohl daneben.

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