Rezension: "Was zur Wahl steht" von Ulrich Beck
Keine Angst vor großen Namen! Das ist die wichtigste Erfahrung, die ich aus der Lektüre dieses Buches mitnehme. Hier schreibt ein über die Grenzen der wissenschaftlichen Gemeinde hinaus bekannter Soziologe. Was bietet er dem Leser?
Wer glaubt, in diesem Buch eine Analyse der Wahlprogramme vorzufinden, die die Entscheidung bei der vermutlich bald anstehenden Bundestagswahl erleichtert, wird enttäuscht. Beck hat einen klaren Standpunkt und macht daraus keinen Hehl. Die FDP wird gleich im Vorwort in den ersten Sätzen polemisch abgewatscht („Für Drei Prozent“) und dann auf den restlichen ca. 120 Seiten schlicht ignoriert, Angela Merkel bezeichnet er fast durchgängig als „Maggie Merkel“, ein- oder zweimal seltsamerweise als „Angelika“. Die Kritik an Rot-Grün hingegen übt er durchaus gelassen und sachlich, lobt die Regierung aber auch und fordert einen neuen sozialdemokratischen Politikentwurf. So viel zur Einordnung des Autors.
Aber schauen wir mal die Inhalte genauer an. Im ersten Teil des Buches versucht Beck eine Analyse der gegenwärtigen Lage. Erfreulich sind dabei die aktuellen Bezüge wie z. B. zum Scheitern der EU-Verfassung sowie Becks Appell an die Änderungsbereitschaft der Deutschen. Freilich hat seine Analyse ihre Tücken.
Er schreibt, es habe einen Domino-Effekt in guten Zeiten gegeben (Vollbeschäftigung, sichere Renten, sprudelnde Steuereinnahmen, Investitionsspielräume, die nach seiner Auffassung Vollbeschäftigung garantieren und so die Renten auch wieder sicher machen) der nun ins Gegenteil verdreht sei, womit der Weg in die von ihm vielbeschworene Risikogesellschaft geebnet wäre. Verantwortlich für die Misere macht Beck u. a. die Großkonzerne. Deren Zwangsmittel sei nicht der drohende Einmarsch (wie es Staaten mit ihren Armeen tun), sondern der drohende Nicht-Einmarsch oder ihr drohender Ausmarsch. Nach Jahrtausenden des Mordens klingt diese Art der Politik eigentlich sympathisch, doch Beck kritisiert dies als Erpressungspotenzial der Konzerne. Diese hätten die Möglichkeit, stets „nein“ zu sagen und zwar ohne öffentliche Begründungspflicht. Freilich unterschlägt er hier, dass Staat und Politik in Deutschland jahrzehntelang leidenschaftlich „ja“ sagten, wenn es um Investitionen ging. Die absehbaren Folgen wurden den Bürgern gegenüber verschwiegen. Das Ergebnis ist, dass heute manch einer im Wahlkampf zwar gerne wieder „ja“ sagt, nach der Wahl aber verkündet, fortan nur noch „nein“ sagen zu können – zum Schaden des Vertrauens in die Demokratie! Diesen Vertrauensverlust der Wirtschaft anzukreiden, ist zu kurz gegriffen. Dabei sei erwähnt, dass Beck ohnehin nur die Großkonzerne in seinem Blickfeld hat, die kleinen und mittelständischen Betriebe spielen in seinen Ausführungen seltsamerweise keine Rolle.
Nicht ganz ohne Recht hält Beck den Lesern das Zukunftsbild einer „Gesellschaft des Weniger“ im gleichnamigen Kapitel vor Augen, erwähnt jedoch nicht, dass die Menschen anderswo diese Erfahrungen längst gemacht haben und dennoch nicht untergegangen sind. Er geißelt den Begriff der „Eigenverantwortung“ als „freiwillige Selbstamputation“, da man lediglich frei in der Wahl der Selbstbeschneidung gemacht werde. Umso mehr wundert er sich, dass kein kollektiver Aufschrei erfolge. Eine Ursache sieht er darin, dass die meisten Leute (nach seiner Ansicht fälschlicherweise!) glaubten, ihre Probleme lösen zu können und nicht abzustürzen.
Tja, nichts ist so schlimm für einen Cassandrarufer, als wenn ihm unverzagte Menschen in die Parade fahren! Mitunter stört mich an diesem Kapitel, dass Beck fast so tut, als habe es früher keine Knappheit gegeben, als hätten die bösen Neoliberalen ein Schlaraffenland zerstört. Dass der Sozialstaat diese Knappheiten durch seine frühere Großzügigkeit einfach nur kaschiert haben könnte, scheint Beck keinen Gedanken wert. Freilich hat er Recht, dass das Ende der Verheißungen den Ruf nach einem neuen Autoritarismus laut werden lassen könnte und man sich dieser Gefahr entgegenstellen muss. In Hinblick auf diese Gefahr kritisiert er auch die neue Linkspartei um Oskar Lafontaine und Gregor Gysi mit ihrem „linksnationalen Sozialstaats-Protektionismus“.
Dann wiederum findet sich eine erstaunliche Erkenntnis in Becks Aufsatz: Konsumenten haben eine große Macht über die Konzerne und verstehen laut Beck immer besser, diese einzusetzen und die Unternehmen damit unter Druck zu bringen. Ist der Markt gar demokratisch?
Teil II mit dem Titel „Was tun?“ beginnt verheißungsvoll mit dem Plädoyer für eine neue Aufklärung, in der die Menschen sich vergegenwärtigen, dass nicht die Globalisierung, sondern das Unverständnis für sie das Problem ist. Politik müsse an den Ursachen ansetzen, anstatt die Symptome zu bekämpfen. Dies habe Rot-Grün nur ungenügend beherzigt. Gemeinsame Lösungen müssten nun auf europäischer Ebene gefunden werden. An dieser Stelle lobt Beck trotz seiner offenkundigen Abneigungen gegen die Christdemokraten Helmut Kohl, der es verstanden habe, die Dinge durch die europäische Brille zu betrachten. Gerhard Schröder hingegen spiele ein gefährliches Doppelspiel: der derzeitige Bundeskanzler mache Europa zum Buhmann für den Niedergang Deutschlands, obgleich er selbst an den EU-Gesetzen mitgeschrieben habe. So weit, so gut.
Leider hebt Beck den von ihm geforderten „kosmopolitischen Blick“ derart in den Olymp der Heilslehren, dass jegliche nationale Politik überflüssig erscheint. Ein Regierung unter Merkel würde sich Beck zufolge aber hauptsächlich auf nationale Politik konzentrieren. Die Ausblendung der FDP (die er ja schon mit drei Worten im Vorwort abgehandelt hat) wirkt da fast wie ein Kunstgriff, mit dem Beck seiner Warnung vor der Renationalisierung im Falle eines Regierungswechsels wenigstens etwas mehr Plausibilität verleihen will. Diesen Vorwurf gegenüber Angela Merkel wiederholt er mehrmals, ohne ihn glaubhaft mit Fakten zu unterfüttern. Gleiches gilt für seine These, eine Regierung Merkel würde das Scheitern von Rot-Grün noch toppen.
Kapitel 10 zum Thema Bildung ist ein Lichtblick in dem ansonsten sehr durchwachsenen Buch, hier spricht mir Beck fast aus der Seele, wenn er die in vieler Hinsicht zweifelhaften Reformbemühungen im Hochschulwesen anprangert. Freilich ist aus seiner Sicht wieder einmal der „Neoliberalismus“ schuldig an der Misere, was Beck wiederum nicht davon abhält, Studiengebühren für gerecht zu halten. Wie neoliberal! Dieses Kapitel zeigt zwar recht schön einige zentrale Probleme in der aktuellen Hochschul- und Bildungspolitik auf, die vielen Bürgern nicht bewusst sind, allerdings ist der Aufruf Becks zu einem „demokratischen Nein“ bei der anstehenden Wahl zu diesem Thema wenig hilfreich, sind doch praktisch alle Parteien gleichermaßen in die Hochschulreformen momentaner Ausprägung involviert (z. B. ist das lange Jahre rot-grün regierte NRW fast eben so lang das Musterland der technokratischen Hochschulreform von oben).
„Was zur Wahl steht“ ist ein mit heißer Nadel gestricktes, fehlerbehaftetes Pamphlet aus der Feder eines wütenden Soziologen. Zusammenfassend scheint seine dürftig untermauerte Empfehlung zu lauten: Rot-Grün ist gescheitert, aber wählt sie trotzdem wieder, eine Besserung der Lage wäre ohnehin nur reiner Zufall.
Egal, welcher Coleur man gewohnheitsmäßig zuneigt, mit diesem Rat sollte man sich nicht zufrieden geben.
Wer glaubt, in diesem Buch eine Analyse der Wahlprogramme vorzufinden, die die Entscheidung bei der vermutlich bald anstehenden Bundestagswahl erleichtert, wird enttäuscht. Beck hat einen klaren Standpunkt und macht daraus keinen Hehl. Die FDP wird gleich im Vorwort in den ersten Sätzen polemisch abgewatscht („Für Drei Prozent“) und dann auf den restlichen ca. 120 Seiten schlicht ignoriert, Angela Merkel bezeichnet er fast durchgängig als „Maggie Merkel“, ein- oder zweimal seltsamerweise als „Angelika“. Die Kritik an Rot-Grün hingegen übt er durchaus gelassen und sachlich, lobt die Regierung aber auch und fordert einen neuen sozialdemokratischen Politikentwurf. So viel zur Einordnung des Autors.
Aber schauen wir mal die Inhalte genauer an. Im ersten Teil des Buches versucht Beck eine Analyse der gegenwärtigen Lage. Erfreulich sind dabei die aktuellen Bezüge wie z. B. zum Scheitern der EU-Verfassung sowie Becks Appell an die Änderungsbereitschaft der Deutschen. Freilich hat seine Analyse ihre Tücken.
Er schreibt, es habe einen Domino-Effekt in guten Zeiten gegeben (Vollbeschäftigung, sichere Renten, sprudelnde Steuereinnahmen, Investitionsspielräume, die nach seiner Auffassung Vollbeschäftigung garantieren und so die Renten auch wieder sicher machen) der nun ins Gegenteil verdreht sei, womit der Weg in die von ihm vielbeschworene Risikogesellschaft geebnet wäre. Verantwortlich für die Misere macht Beck u. a. die Großkonzerne. Deren Zwangsmittel sei nicht der drohende Einmarsch (wie es Staaten mit ihren Armeen tun), sondern der drohende Nicht-Einmarsch oder ihr drohender Ausmarsch. Nach Jahrtausenden des Mordens klingt diese Art der Politik eigentlich sympathisch, doch Beck kritisiert dies als Erpressungspotenzial der Konzerne. Diese hätten die Möglichkeit, stets „nein“ zu sagen und zwar ohne öffentliche Begründungspflicht. Freilich unterschlägt er hier, dass Staat und Politik in Deutschland jahrzehntelang leidenschaftlich „ja“ sagten, wenn es um Investitionen ging. Die absehbaren Folgen wurden den Bürgern gegenüber verschwiegen. Das Ergebnis ist, dass heute manch einer im Wahlkampf zwar gerne wieder „ja“ sagt, nach der Wahl aber verkündet, fortan nur noch „nein“ sagen zu können – zum Schaden des Vertrauens in die Demokratie! Diesen Vertrauensverlust der Wirtschaft anzukreiden, ist zu kurz gegriffen. Dabei sei erwähnt, dass Beck ohnehin nur die Großkonzerne in seinem Blickfeld hat, die kleinen und mittelständischen Betriebe spielen in seinen Ausführungen seltsamerweise keine Rolle.
Nicht ganz ohne Recht hält Beck den Lesern das Zukunftsbild einer „Gesellschaft des Weniger“ im gleichnamigen Kapitel vor Augen, erwähnt jedoch nicht, dass die Menschen anderswo diese Erfahrungen längst gemacht haben und dennoch nicht untergegangen sind. Er geißelt den Begriff der „Eigenverantwortung“ als „freiwillige Selbstamputation“, da man lediglich frei in der Wahl der Selbstbeschneidung gemacht werde. Umso mehr wundert er sich, dass kein kollektiver Aufschrei erfolge. Eine Ursache sieht er darin, dass die meisten Leute (nach seiner Ansicht fälschlicherweise!) glaubten, ihre Probleme lösen zu können und nicht abzustürzen.
Tja, nichts ist so schlimm für einen Cassandrarufer, als wenn ihm unverzagte Menschen in die Parade fahren! Mitunter stört mich an diesem Kapitel, dass Beck fast so tut, als habe es früher keine Knappheit gegeben, als hätten die bösen Neoliberalen ein Schlaraffenland zerstört. Dass der Sozialstaat diese Knappheiten durch seine frühere Großzügigkeit einfach nur kaschiert haben könnte, scheint Beck keinen Gedanken wert. Freilich hat er Recht, dass das Ende der Verheißungen den Ruf nach einem neuen Autoritarismus laut werden lassen könnte und man sich dieser Gefahr entgegenstellen muss. In Hinblick auf diese Gefahr kritisiert er auch die neue Linkspartei um Oskar Lafontaine und Gregor Gysi mit ihrem „linksnationalen Sozialstaats-Protektionismus“.
Dann wiederum findet sich eine erstaunliche Erkenntnis in Becks Aufsatz: Konsumenten haben eine große Macht über die Konzerne und verstehen laut Beck immer besser, diese einzusetzen und die Unternehmen damit unter Druck zu bringen. Ist der Markt gar demokratisch?
Teil II mit dem Titel „Was tun?“ beginnt verheißungsvoll mit dem Plädoyer für eine neue Aufklärung, in der die Menschen sich vergegenwärtigen, dass nicht die Globalisierung, sondern das Unverständnis für sie das Problem ist. Politik müsse an den Ursachen ansetzen, anstatt die Symptome zu bekämpfen. Dies habe Rot-Grün nur ungenügend beherzigt. Gemeinsame Lösungen müssten nun auf europäischer Ebene gefunden werden. An dieser Stelle lobt Beck trotz seiner offenkundigen Abneigungen gegen die Christdemokraten Helmut Kohl, der es verstanden habe, die Dinge durch die europäische Brille zu betrachten. Gerhard Schröder hingegen spiele ein gefährliches Doppelspiel: der derzeitige Bundeskanzler mache Europa zum Buhmann für den Niedergang Deutschlands, obgleich er selbst an den EU-Gesetzen mitgeschrieben habe. So weit, so gut.
Leider hebt Beck den von ihm geforderten „kosmopolitischen Blick“ derart in den Olymp der Heilslehren, dass jegliche nationale Politik überflüssig erscheint. Ein Regierung unter Merkel würde sich Beck zufolge aber hauptsächlich auf nationale Politik konzentrieren. Die Ausblendung der FDP (die er ja schon mit drei Worten im Vorwort abgehandelt hat) wirkt da fast wie ein Kunstgriff, mit dem Beck seiner Warnung vor der Renationalisierung im Falle eines Regierungswechsels wenigstens etwas mehr Plausibilität verleihen will. Diesen Vorwurf gegenüber Angela Merkel wiederholt er mehrmals, ohne ihn glaubhaft mit Fakten zu unterfüttern. Gleiches gilt für seine These, eine Regierung Merkel würde das Scheitern von Rot-Grün noch toppen.
Kapitel 10 zum Thema Bildung ist ein Lichtblick in dem ansonsten sehr durchwachsenen Buch, hier spricht mir Beck fast aus der Seele, wenn er die in vieler Hinsicht zweifelhaften Reformbemühungen im Hochschulwesen anprangert. Freilich ist aus seiner Sicht wieder einmal der „Neoliberalismus“ schuldig an der Misere, was Beck wiederum nicht davon abhält, Studiengebühren für gerecht zu halten. Wie neoliberal! Dieses Kapitel zeigt zwar recht schön einige zentrale Probleme in der aktuellen Hochschul- und Bildungspolitik auf, die vielen Bürgern nicht bewusst sind, allerdings ist der Aufruf Becks zu einem „demokratischen Nein“ bei der anstehenden Wahl zu diesem Thema wenig hilfreich, sind doch praktisch alle Parteien gleichermaßen in die Hochschulreformen momentaner Ausprägung involviert (z. B. ist das lange Jahre rot-grün regierte NRW fast eben so lang das Musterland der technokratischen Hochschulreform von oben).
„Was zur Wahl steht“ ist ein mit heißer Nadel gestricktes, fehlerbehaftetes Pamphlet aus der Feder eines wütenden Soziologen. Zusammenfassend scheint seine dürftig untermauerte Empfehlung zu lauten: Rot-Grün ist gescheitert, aber wählt sie trotzdem wieder, eine Besserung der Lage wäre ohnehin nur reiner Zufall.
Egal, welcher Coleur man gewohnheitsmäßig zuneigt, mit diesem Rat sollte man sich nicht zufrieden geben.
Insatiable - 12. Aug, 21:52
Früher war die F.D.P. übrigens die "Drei-Punkte-Partei". Jetzt hat sie nicht mal mehr die Punkte... ;-)
Die Formulierung "Maggie Merkel" soll wohl eine witzige Anspielung auf Lady Thatcher sein. Hat durchaus was - nur, gerade in Sachen "Umbau des Sozialstaates (mit der Abrissbirne)" schenken sich leider alle vier Ernst zu nehmenden Parteien (diese Formulierung klammert übrigens die CSU aus - aber das nur am Rande...) mittlerweile herzlich wenig.
Was die "Eigenverantwortung" angeht: Nach meiner Erfahrung ist der Grund für eine Nicht-Revolte weniger darin zu sehen, dass die Leute glauben, sie würden schon zurechtkommen. Sondern im Gegenteil, dass sie mit ihren Lebensumständen dermaßen wenig zurechtkommen, dass ihnen gar nicht mehr die Zeit bleibt, darüber nachzudenken, wie sie daran etwas ändern könnten.
Was ein nicht unerhebliches Risikopotenzial in sich birgt: Wenn jemand kommt, der in einer derartigen Situation Lösungen verspricht, bei denen man nicht denken muss und die "sofort" Besserung bringen sollen, und Leute anfangen, derlei Nonsens Ernst zu nehmen, dann können inkompetente Populisten an die Macht kommen oder wenigstens so viel Macht erringen, dass sie anderer Leute durchdachte, aber kompliziertere Problemlösungen verhindern können.
Besonders übel sind dann diejenigen, die darüber hinaus vermögen, Schein-Probleme aufzuwerfen, für die sie dann zur Problemlösung passende einfache Maßnahmen umzusetzen in die Welt trompeten. Der Trick bei dieser Sorte Populisten ist, dass sie gar nicht die Lösung von Problemen wollen, sondern Maßnahmen um deren selbst Willen.
Was nun wiederum die Hochschulreform angeht, nun, DIE Diskussion hatten wir schon mal in privatissimo... ;-)
Es ist immer wieder ein amüsantes Moment realer Dialektik, wenn der werte Autor dieses Weblogs gegen die Bürokratie und Sozialdemokratie wettert, Deregulierung und Autonomie predigt - und zugleich ausblendet, dass die Probleme des Hochschulwesens weniger durch Bürokratie, sondern durch Fixierung auf geldbasierten Selektionsmechanismen (wie Becks Studiengebühren...) gegründet liegen, die die bisherige Auslese über den Weg der fachlichen Qualifikation immer mehr ersetzen und aus Menschen eine Ware bzw. ein Investitionsgut am allgemeinen Markt machen. [Will sagen: die Menschen ihres Charakters als Menschen berauben und sie zu "Mitteln zum Zweck" degradieren.]
Oh, nochwas: Sollte sich die FDP wider Erwarten nach der Wahl an den Töpfen der Macht befinden, dann bin ich jetzt schon gespannt, aus welchen Mitteln sie die notwenidgerweise staatlich zu organisierende Herstellung der Rahmenbedingungen für die "Marktwirtschaft" finanzieren will, so wie sie das Steueraufkommen reduzieren will...
Wenn mir auch mein Instinkt sagt, dass das wieder auf den alten Taschenspielertrick hinauslaufen wird, dass dann halt die Leute geschröpft werden, die auf staatliche Unterstützung *wirklich* angewiesen sind. Oder vielleicht, weil da auch weiter keine Lobby hinter steht, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die dann durch reduzierte Bezahlung bei erhöhter Arbeitszeit und erhöhter Leistung pro Zeit dafür bestraft werden, dass sie so dumm sind, sich verpflichtet zu fühlen, zu versuchen, anderer Leute Probleme zu lösen... [Hat man alles ja schon erlebt...]
ich hielt es nicht für notwendig, die Sache mit „Maggie“ näher auszuführen, da ich den Leserinnen und Lesern meines Blogs durchaus zutraue, diese Assoziation herzustellen. Setze ich da womöglich zu viel voraus?
Das von Dir beschriebene Phänomen bei der Bewältigung der Lebensumstände durch den Einzelnen schließt das von Beck beschriebene ja nicht aus, in der Tat bin ich sicher, dass beides der Fall ist: Resignation bei den einen, Optimismus bei den anderen. Erstere dürften zahlenmäßig durchaus ansteigen, nicht nur wegen der durchwachsenen wirtschaftlichen Situation, sondern u.a. auch durch die Art, wie die Bundesagentur für Arbeit die Hartz-Reformen umsetzt. Und ich erwarte keine Wunder.
Übrigens habe ich gar nichts dagegen, wenn jemand sozialdemokratisch argumentiert. Aber dann soll er/sie eben auch wirklich argumentieren und nicht halbgaren Stuss von sich geben. Man merkt halt, dass Beck dieses Buch an einem langen Wochenende durchgeschrieben hat.