Politik

Donnerstag, 17. März 2005

Müntefering und der unbeschränkte Mehrheitswillen

Soeben findet die Aussprache zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers statt. Vor einigen Minuten hat SPD-Obergenosse Franz Müntefering seine Rede gehalten. Er griff einen Zeitungsartikel auf, in dem Angela Merkel den Geist der Freiheit im Werk Friedrich August von Hayeks lobt.

Müntefering, der stramme und im Herzen nach wie vor in erster Linie anderen Werten als der Freiheit den Vorzug gebende Sozialdemokrat, zitierte dabei F. A. Hayek:

"...so muß ich offen zugeben, daß ich, wenn Demokratie heißen soll: Herrschaft des unbeschränkten Willens der Mehrheit, kein Demokrat bin und eine solche Regierung sogar für schädlich und auf die Dauer für funktionsunfähig halte."

Dabei deutete er an, Merkel distanziere sich von der Demokratie, wenn sie sich an Hayeks Ideen orientiere.

Ach ja, Münte! Weil die rot-grüne Bundesregierung den unbeschränkten Willen der Mehrheit so schätzt, schlägt sie wohl auch ein so umfangreiches Antidiskriminierungsgesetz vor, das eine Mehrheit ablehnt. Ok, es ist in erster Linie ein Machwerk der Grünen und wurde gerade teilweise eingestampft. Aber wer derlei Dinge für nötig erachtet, misstraut offenbar zuweilen der Mehrheit. Ähnlich verhält es sich bei der Frage einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung, nicht wahr, liebe grüne Musterdemokraten?

Es ist völlig richtig, dass Mehrheiten nicht immer richtig liegen und dass Minderheiten auch eines gewissen Schutzes bedürfen. Hayeks freiheitliche Ideen verweisen auf die Gefahr, jeden Lebensbereich zu demokratisieren, vor allem im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der Individuen. Staatliche Intervention soll maßvoll erfolgen, Gestaltungspotenzial an die Gesellschaft delegiert werden. Rot-Grün will die "gute Gesinnung" verordnen. Das hat wenig mit Freiheit zu tun. Es erzielt nicht mal die Wirkung in den Köpfen der Mehrheit, zumindest nicht die gewünschte. Und wenn SPD und Bündnis '90/Die Grünen dies eines Tages betroffen feststellen sollten, wird ihnen bestimmt wieder ein neues Gesetz einfallen, um die Gesellschaft zu therapieren. Wir sollten verhindern, dass man uns weiter derlei bittere Pillen kredenzt!

Samstag, 19. Februar 2005

"Ein Stück Zeitgeschichte"

Wahlkampfabschluss der SPD in Schleswig-Holstein. Es spricht der oberste Wahlkampfhelfer Gerhard Schröder, wie üblich wird dabei vor allem die Bundes- und Weltpolitik angesprochen. Die brodelnde Affäre um Joschka Fischer und Otto Schily aussparend geht er mitunter auf den Irak ein. Die Frage, was damals richtig oder falsch gewesen sei, sei nun ein Stück Zeitgeschichte, obgleich er natürlich alles richtig gemacht habe. Die Wahlen im befreiten Irak begrüßt er freilich zutiefst.

Ich stutze. Im Jahr 2002 strömten die Anhänger dieses Kanzlers und seines grünen Stellvertreters trotz einer frustrierenden Legislaturperiode voller Misserfolge massenweise an die Urnen, um in letzter Minute Rot-Grün doch noch mal einen Regierungsauftrag zu geben. Sie strömten an die Urnen, um ein Recht wahrzunehmen, welches die Iraker, wenn sich die Sichtweise besagter deutscher Wähler global durchgesetzt hätte, wohl auch in Jahrzehnten nicht hätten wahrnehmen können.

Aber wer denkt darüber noch nach, wer erinnert sich noch? Hauptsache, der deutsche Michel hängt sich die Pace-Fahne zum Fenster heraus und fühlt sich auf der Seite der Gerechten...und behält natürlich sein rot-grünes Mützchen auf.

Sonntag, 10. Oktober 2004

Radio-Quoten-Quatsch: Ein Quodlibet der Quasseleien quotierungsfreudiger Quacksalber

Die "kulturelle Tradition Deutschlands verteidigen", die "Allmacht des amerikanischen Kulturimperialismus" brechen, das geben nicht nur NPD oder DVU zu wollen vor, sondern auch weitaus einflussreichere Persönlichkeiten wie Antje Vollmer (Bündnis '90/DIE GRUENEN), Wolfgang Thierse (SPD) oder offensichtlich um ihre Hotelrechnung besorgte deutsche Zeitgenossen wie Udo Lindenberg, die ihre Werke nicht zu den 16 deutschen Alben in den Top 30 gesellen können. Mit solchen wie auch anderen Argumenten werben derzeit Kulturpolitiker und diverse Vertreter der deutschen Musikindustrie für eine Quote für deutsches Liedgut im Radio. Christoph "Bitter" Lemmer, Nachrichtenchef beim Spreeradio in Berlin, erinnert in seiner wunderbaren Kolumne daran,

- wie realitätsfremd die u.a. von Frau Vollmer vertretene Mär vom "Marktversagen" beim Radio ist

- wie mancher Unterstützer einer Quotenregelung selbst zu der von ihm beklagten Situation beiträgt

- dass Grüne und Teile der SPD den Privatfunk am liebsten verhindert hätten

- dass die von Vollmer, Thierse und anderen Leuten gepriesene französische Quote bürokratischer Irrsinn ist

- wie weit es schon mit der Zensur in Deutschland ist

Die Quintessenz: Nur ein Quentchen Hirnschmalz ist nötig, um zu begreifen, dass eine Deutsch-Quote im Rundfunk keine gute Idee ist! Vielmehr wäre sie "dumm und böse wie jede Zensur", wie die französische Libération kürzlich so treffend schrieb.

Montag, 4. Oktober 2004

Bündnis '90/DIE GRUENEN: Warnschüsse gut erzogener bündnisgrüner Männer wirken französisch...oder wie?

Giftgruene GewerkschafterinLetztes Wochenende fand in Kiel die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis '90/DIE GRUENEN statt. Es ist jedes Mal aufs neue faszinierend, was einem da zum Brunch auf Phoenix geboten wird:

buetikofer_betteltReinhard Bütikofer bettelt in gewohnt mitleiderregender Manier um Verständnis und tut so, als seien die Grünen die Avantgarde bei der Forderung nach einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung, will "wirksamer französisch sein" (was auch immer das bedeuten soll), bezeichnet seine Grünen stolz als die "Can-Do-People" (Gib Acht, dass Dich Antje Vollmer nicht erwischt, Du Sprachschänder! *g*) und redet einfach nicht mehr über die Wehrpflicht, was ja auch peinlich wäre angesichts der Ablehnung ihrer Abschaffung im Bundestag durch Rot-Grün. Aber das ist ja alles nicht so wild, die grüne Ministerriege tangiert all dies allenfalls peripher.Hochmotiviert

Claudia Roth freut sich, dass die grünen Männer "mit der Quote erzogen worden sind" und betont, dass die Grünen aus ihrer Sicht im Gegensatz zu Lafontaine und Gysi noch richtig ticken.

Auch sonst bieten die Grünen wieder gewohnte Kost für den Phoenix-Zuschauer. Obwohl die eigens beauftragten Gutachter davon abraten, wollen die Grünen weiterhin die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung der Erbschaftssteuer. "Fuchs"-Panzer in den Irak liefern ist natürlich pfui und wird von der Basis abgelehnt.

Dann gibt es noch so schöne Redebeiträge wie den meines Spezies Michael Joukov: "Mir ist nicht klar, wie wir die Bürgerversicherung als Vision verkaufen sollen, wenn davon die Lohnnebenkosten um nur ein Prozent sinken sollen. Wir müssen die Beitragsbemessungsgrenze hochsetzen! Aber das sollten wir jetzt nicht so konkret sagen, sonst bekommen wir Probleme wie damals bei der 5-DM-Debatte." ...daher sollten sie in Zukunft lieber nicht so ehrlich sein, verstehe! :-)

Kaum ist der Parteitag vorbei, nähert sich der Wert des Parteibeschlusses zur Lieferung der "Fuchs"-Panzer schon wieder dem Nullpunkt. So glaubt der Berliner Landesvorsitzende der Grünen, Till Heyer-Stuffer, nicht, dass sich der Export der Panzer noch verhindern lässt. Bei dem Beschluss in Kiel handele es sich vielmehr um einen "Warnschuss für die Zukunft". Super, früher haben die Grünen wenigstens mal zur Ehrenrettung die für die Mehrheit nicht nötigen Parlamentarier gegen unliebsame Beschlüsse stimmen lassen, nun begnügt man sich bereits damit, die ohnehin nicht mehr ernst genommene Basis etwas beschließen zu lassen, was einen Tag später schon zu den Akten gelegt wird.

Da kann man wohl sagen: Grün würgt!

Donnerstag, 30. September 2004

Silvana Koch-Mehrin fordert mehr Souveränität im Umgang mit Neonazis

silvana3Silvana Koch-Mehrin , Europaabgeordnete der FDP, fordert die Talkmasterinnen Sabine Christiansen und Maybrit Illner auf, rechtsradikale Mandatsträger in ihre Sendungen einzuladen. Man solle die "fehlende inhaltliche Substanz" zum Vorschein bringen, anstatt durch Nichteinladung den Rechtsextremisten einen "Märtyrerstatus" zu verleihen.

Meine Rede!

Immerhin scheint das ja auch beim linken Rand gut zu funktionieren. So werden Politiker der PDS seit Jahren zu Talkshows eingeladen, was nach meiner Ansicht dazu beigetragen hat, dass die Ex-SED in Westdeutschland nachhaltig keinen Fuß auf den Boden bekommt.

Freitag, 24. September 2004

Bush-Zitate oftmals Fakes

Man muss kein Fan von Bush sein, um zu bemerken, dass es schon fast ein Volkssport geworden ist, den derzeitigen US-Präsidenten zu verspotten. Kein Wunder, reichen doch die seit Jahren täglich über den Bildschirm flimmernden Peinlichkeiten in den Daily Talks nicht mehr aus, um sinnstiftend für weite Bevölkerungskreise zu wirken. Michael Moore hat die Deutschen just zur rechten Zeit mit einem neuen Feindbild versorgt und vom Juso über den NPD-Mitläufer und den stets tief betroffenen Intellektuellen bis hin zum unpolitischen Sofaproll ein breites Spektrum beglückt und zugleich animiert, den neuen Kult mit allerlei Anekdoten, Zitaten, Bildern und anderem Brimborium zu unterfüttern.

Ist das Volk erst mal derart beseelt, ist ein nüchterner und skeptischer Blick auf die Dinge um so mehr nötig. Und offenbar hat da jemand gute Arbeit geleistet: Michael Moynihan aus Schweden hat mal ein wenig recherchiert und festgestellt, dass einige der "Klassiker" unter den kolportierten angeblichen Bush-Zitaten entweder frei erfunden sind oder aus dem Mund anderer Politiker stammen.

Siehe hier:
Stockholm Spectator GroupBlog


Hey, nicht weinen, Leute. Ich denke mal, dass man durchaus noch genug Gründe finden kann, "Dubya" nicht zu mögen. Ich möchte ja nicht Auslöser von Lebenskrisen sein! ;-)

Dienstag, 21. September 2004

Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg und wie wir damit umgehen sollten

SPD und NPD gleichauf - wer hätte gedacht, so etwas mal hören oder lesen zu müssen? Aber so ist es in Sachsen am letzten Wochenende bei den Landtagswahlen gekommen und öffentliche wie veröffentlichte Meinung sind empört.

NPD und DVU haben sich trotz früherer Rivalitäten abgesprochen und so den Grundstein für ihre Wahlerfolge gelegt. Dies ist durchaus mit Sorge zu sehen, denn bisher konnte man sich stets darauf verlassen, dass die in der Regel heillos zerstrittene rechtsradikale Szene sich selbst k.o. schlägt. Ein Anlass zur Panik soll dies freilich nicht sein, da es erst mal abzuwarten bleibt, wie sich diese Parteien in den Landtagen aufführen. Und bisher gibt es keinen Grund, weshalb sich die rechten Fraktionen nicht wieder selbst zerschlagen sollten. Die DVU war schon mal in einen ostdeutschen Landtag eingezogen, spaltete sich schon nach kurzer Zeit auf (die Abspaltung nannte sich FDVP) und ging bei der nächsten Wahl sang- und klanglos aber verdient unter.

Sofern es nicht Neuwahlen gibt, müssen aber Sachsen und Brandenburg die radikalen Profiteure der allgemeinen Unzufriedenheit erst einmal eine Legislaturperiode lang ertragen. Was ist zu tun?

Wie ich bereits in meinem Beitrag zu rechtsradikalen Strategien im Internet erwähnt habe, kann man NPD, DVU & Co. gar keinen größeren Gefallen tun, als sich mit empörtem Gezetere auf sie zu stürzen, nach Verboten zu rufen und ihnen den Mund zu verbieten. Hier sind besonders Journalisten in der Verantwortung. Bei den Fernsehsendungen am Abend gingen die Moderatoren die Vertreter von NPD und DVU meist aggressiv an und redeten ständig dazwischen. Bei einem solchen Verhalten erhält die Rechtspropaganda von dem "unterdrückenden System" unnötigerweise eine gewisse Glaubwürdigkeit und spielt den Neonazis damit in die Hände.

Ich plädiere dafür, den Funktionären dieser ungeliebten Protestparteien keine Sonderbehandlung zu gewähren, sondern sie einfach wie alle anderen auch ausreden zu lassen. Der Zuschauer wird bemerken, wie sich dann ein völlig überforderter Möchtegernpolitiker um Kopf und Kragen redet. So geschehen z. B. beim gestrigen "Brennpunkt" auf ARD, als ein DVU-Mann grandios bei dem Versuch scheiterte, einen Programmpunkt seiner Partei zu begründen.

Hysterie und Übereifer bedeuten nur, den Intelligenzvorsprung gegenüber den Extremisten unnötig aufzugeben und sich im Infight auf lange Sicht eine blutige Nase zu holen.

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